“Die Geschichte der griechischen Juden“ ein Diavortrag von Loukas Lymperopoulos im Rahmen der Veranstaltungen der deutsch-griechischen Gesellschaft Düsseldorf  in der „Brücke“

 

Kürzlich hielt der Studienrat Loukas Lymperopoulos aus Hamburg vor circa 25 interessierten Gästen den

von der Deutsch-Griechischen Gesellschaft Düsseldorf

angekündigten Diavortrag zum Thema „Die Geschichte der griechischen Juden.“ Herr Lymperopoulos begann seinen Vortrag mit einem Einblick in die ersten Spuren jüdischen Lebens in Griechenland circa 300 Jahre vor Christus. Erste schriftliche Dokumente, wie die von Paulus während seiner Missionsreisen durch Griechenland, zeugen von einem blühenden jüdischen Leben in verschiedenen Orten Griechenlands, wie u.a. in Korinth und Ioannina.

Die in Griechenland lebenden Juden kamen aus unterschiedlichen Ländern. So wurde unterschieden zwischen den Romanioten (den griechisch sprechenden Juden) und den sephardischen Juden, die sich nach der Vertreibung aus Spanien (1492) vor allem in Thessaloniki niederließen.  Weiterhin gab es kleinere askhenasische Gemeinden, in welchen Deutsch gesprochen wurde. Diese Gemeinden bildeten sich im Zusammenhang mit immigrierten Juden aus u.a. Deutschland und Ungarn, die ihr Land nach Pogromen im Mittelalter verließen.

Der Vortrag konzentrierte sich inhaltlich auf das jüdische Leben in Griechenland im 20. Jahrhundert. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bildete Thessaloniki bereits ein Monopol des Handels und des Transports. Nachdem die Eisenbahnverbindung zwischen Wien und Konstantinopel fertig gestellt worden war, kam es zu einem weiteren Aufschwung jüdischen Lebens in Thessaloniki, das auch als „Jerusalem des Balkans“ bezeichnet wurde. Nach erneuten antisemitischen Ausschreitungen in Frankreich Ende des 19. Jahrhunderts gründete sich die „Alliance Israelité“, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, Juden auf der ganzen Welt zu unterstützen. Unter Charles Netter, dem Mitbegründer der Alliance Israelité, wurde auch das jüdische Bildungssystem in Griechenland ausgebaut, das auch für nichtjüdische Jugendliche offen stand.

Während in Nord- und Osteuropa der Antisemitismus aus religiösen und rassistischen Gründen Ende des 19. Jahrhunderts stark aufflammte, entwickelte sich parallel dazu auch zunehmend der Zionismus. Nach der Veröffentlichung des Buches „Der Judenstaat“ von Theodor Herzl im Jahr 1896 wurden im ersten Basler Kongress erste Bausteine für die Gründung des Staates Israel gelegt. Zu Beginn der 30er Jahre wurde in Thessaloniki eine zionistische Organisation („die Makkabi“) gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hatte, junge jüdische Menschen auf das Leben in Palästina vorzubereiten. Es wurden sportliche Aktivitäten organisiert und landwirtschaftliche Kenntnisse vermittelt und in Folge verließen 14000 griechische Juden Griechenland um sich in Palästina niederzulassen. Dies stand auch im Zusammenhang mit den vielen griechischen Flüchtlingen, die nach der Vertreibung aus der Türkei 1919 nach Griechenland strömten.

Abgesehen von wiederkehrenden Vorwürfen gegenüber den jüdischen Bürgern in der Karwoche war das Verhältnis zwischen den jüdischen und orthodoxen Einwohnern in Thessaloniki recht harmonisch. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Griechenland 1941 wurde das Land in drei Besatzungszonen aufgeteilt. In der italienischen Besatzungszone wurden die Juden unterstützt, die bulgarische Besatzung lieferte die Juden aus. In der deutschen Besatzungszone wurden unter dem so genannten „Kommando Rosenberg“ Wertgegenstände und Kunstwerke, die sich im Besitz der griechischen Juden befanden, konfisziert und nach Deutschland gebracht. Mit Beginn des Jahres 1943 begann die Deportation der Juden Griechenlands, die von Alois Brunner, einem der Mitarbeiter Adolph Eichmanns, geleitet wurde. Zuvor war der jüdische Friedhof Thessalonikis, der aus 400000 Gräbern bestand, aufgelöst und die Grabplatten als Baumaterial benutzt worden. Heute steht auf dem ehemaligen Gelände des Friedhofs die Universität von Thessaloniki. Unter Alois Brunner wurden die  Juden aus allen Gemeinden Griechenlands in Thessaloniki ghettoisiert und dann in Zügen nach Polen in die Vernichtungslager deportiert. Alois Brunner war für die Ermordung von 157.000 Menschen verantwortlich.

Von den 50000 Juden, die vor Beginn des zweiten Weltkrieges in Thessaloniki lebten, überlebten nur 2000 Personen. Einige der in Griechenland lebenden Juden schlossen sich dem griechischen Widerstand an, der ihrerseits die Juden unterstütze. In Südgriechenland herrschte Solidarität mit den jüdischen Mitbürgern und immer wieder gab es einzelne Personen, die sich für die Juden einsetzten. So stellte unter anderem der Erzbischof von Athen gefälschte Ausweise aus und setzte der Metropolit von Zakynthos nur seinen Namen und den Namen des Bürgermeisters auf die von den Besatzern angeforderte Liste mit Namen jüdischer Bürger. Die 400 auf Zakynthos lebenden Juden konnten so gerettet werden. In Yad Vashem, der Gedenkstätte in Jerusalem für die Opfer des Holocausts wurden bis zum Januar 2012 300 Griechen dafür ausgezeichnet, dass sie ihre jüdischen Mitbürger vor der drohenden Deportation geschützt haben.

Herr Lymperopoulos berichtete jedoch auch von gegenteiligen Verhaltensweisen. So wurde auf Korfu die Deportation der Juden begrüßt und die jüdischen Häuser geplündert und von griechischen Kollaborateuren bezogen. Als die überlebenden Juden nach dem Krieg in ihre Häuser zurückkehren wollten und klagten (600), bekamen nur 30 Personen ihren Besitz und ihre Häuser zurück.

Heute leben in Griechenland circa 10000 Juden, die meisten in Athen. Da nach dem Krieg viele Überlebende nach Amerika emigrierten, gibt es dort zum Beispiel den Verein der Romanioten in Chicago, zum dem 3500 Mitglieder zählen.

 

Nach dem Vortrag gab es noch eine anregende Diskussion und viele Fragen zu dem sehr interessanten Vortrag, die Herr Lymperopoulos mit umfangreichem Fachwissen beantwortete.

 

Autorin: Judith Hollenstein-Zikas

 

Deutsch-Griechische Gesellschaft Düsseldorf e.V.

Vorsitzende: Catherine Yannidakis Hahne, Nagelsweg 35, 40474 Düsseldorf

Verantwortlich für den Inhalt: Chryssostomos Kyriasoglou, Haferbuckel 13, 40789 Monheim am Rhein

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