Maly: Die DGV ist Ausdruck kommunaler Solidarität

Von Sylvia Löser – Walter Bachsteffel

 Maly

Dr. Ulrich Maly ist seit 2002 Oberbürgermeister seiner Heimatstadt Nürnberg. Zu seinen stadtpolitischen Schwerpunkten gehören Bildung und Gerechtigkeit sowie Beschäftigung in Nürnberg, regionale strategische Allianzen (zum Beispiel Europäische Metropolregion Nürnberg), Stadtentwicklung und Verkehr, Kultur und Lebensqualität als Standortfaktor. Er promovierte nach dem Studium der Volkswirtschaft mit dem Thema „Wirtschaft und Umwelt in der Stadtentwicklungspolitik”. Maly engagierte sich außerdem ehrenamtlich. In der Jugendarbeit groß geworden, war er von 1985 bis 1990 Vorsitzender des Kreisjugendrings.

Elliniki Gnomi: Herr Maly, die vierte Deutsch-Griechische Versammlung (DGV), diesmal im traditionsreichen Nürnberg ging zu Ende. Sie waren als Oberbürgermeister der  Stadt Gastgeber dieser Großveranstaltung mit mehr als 400 Teilnehmern, Exkursionen, Vorträgen und Workshops. Wie kam es zu Ihrer Einladung und sind Sie mit dem Ablauf zufrieden?

Dr. Ulrich Maly:  Die Stadt Nürnberg ist seit fast 15 Jahren Partnerstadt von Kavala – eine Partnerschaft, die mit unterschiedlichen Veranstaltungen und Projekten ausgefüllt wird und auch mit Blick auf die fast 12. 000 Nürnbergerinnen und Nürnberger griechischer Herkunft abgeschlossen wurde. Schon aus diesem Grund lag es nahe, dass Nürnberg bei der DGV II im Jahr 2011 sich als Gastgeber für die DGV IV im Jahr 2013 angeboten hat. Für mich ist die DGV und gerade auch die DGV IV vor allem ein Ausdruck von kommunaler Solidarität. Die Tatsache, dass aus beiden Ländern weit mehr Kommunalpolitikerinnen und -politiker als erwartet nach Nürnberg gekommen sind und neben zahlreichen Experten am umfangreichen Konferenzprogramm teilgenommen haben, zeigt für mich zudem, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Elliniki Gnomi: In Ihren Grußworten erwähnten Sie verbreitete Unkenntnis der Schärfe der Rezession im sechsten Jahr in Folge und ihre Auswirkungen auf die griechischen Bürger, besonders die junge Generation. Deren Arbeitslosigkeit steht bei 60 Prozent. Konnte die DGV IV Ihrer Meinung nach einen konstruktiven Beitrag zur Bewältigung der ernsten Probleme leisten?

 

Dr. Maly:  Durch den Transfer von Know-how, durch Erfahrungsaustausch bei der DGV IV konnte bereits ein kleiner, konstruktiver Beitrag geleistet werden, und ich denke, dass gerade auch die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen und Kooperationspartner für zukünftige Projekte zu gewinnen, von vielen Teilnehmern genutzt wurde und sich positiv auf die weitere Entwicklung in Griechenland auswirken wird.

Elliniki Gnomi: Europäische Ansätze zur Lösung griechischer Schwierigkeiten werden mehrfach kommuniziert, stoßen aber auf Umsetzungsdefizite. Der frühere Oberbürgermeister Stuttgarts, Professor Schuster, erwähnte den EU-Beschluss, innerhalb von vier Monaten sieben Milliarden Euro in Ausbildungsgarantien für junge Europäer zu stecken. Nun sind sieben Monate vergangen und es hat sich nichts getan. Ist die große Europa-Politik noch der richtige Ansprechpartner oder sollten wir eine oder zwei Ebenen tiefer gehen, um damit näher am Bürger und seinen Problemen zu sein?

Dr. Maly:  Ohne die EU sind derartige Probleme nicht zu lösen. Gefragt und gefordert ist und sind außerdem nicht nur diese Ebene, sondern auch die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU bis hin zur kommunalen Ebene. Nur ein gemeinsames Handeln der Akteure auf den unterschiedlichen Ebenen kann letzten Endes zum Erfolg führen.

Elliniki Gnomi: Parlamentarischer Staatssekretär Hans Joachim Fuchtel beschrieb den Entwicklungsweg von der DGV III zur DGV IV als geprägt von über hundert Treffen griechischer und deutscher kommunal Verantwortlicher. Nach der ersten Phase geht es nach Fuchtel nun in eine zweite Phase. In dieser geht es darum, konkrete Lösungen zu entwickeln und deren Umsetzung voran zu treiben. Abfallwirtschaft und Tourismus stünden beispielgebend für die Bemühungen der DGV IV mit dem Ziel die positiven wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen Griechenlands voran zu treiben. Dafür ist die Zusammenarbeit von Kommunen beider Länder unverzichtbar.

Sind die Kommunen Ihrer Meinung nach zu solch einer Zusammenarbeit in Zukunft in der Lage, zum Beispiel auch Nürnberg? Welche Unterstützung aus Politik, Medien, Bürgern und Wirtschaft erwarten Sie?

Dr. Maly:  Wie eingangs erwähnt, pflegt Nürnberg seit fast 15 Jahren eine Partnerschaft mit Kavala. Seit Beginn wird diese Partnerschaft von den beiden Stadtverwaltungen und verschiedenen Organisationen sowie einzelnen Bürgerinnen und Bürgern nicht nur durch „klassische“ städtepartnerschaftliche Aktivitäten wie z.B. sportliche Begegnungen und kulturellem Austausch mit Leben erfüllt, sondern auch mit fachlicher Zusammenarbeit und entsprechenden Projekten, darunter auch verschiedene, aktuelle EU-Projekte. Dies wird auch die zukünftige Kooperation mit Kavala prägen. Ich bin davon überzeugt, dass andere Kommunen auf ebensolche oder ähnliche Weise mit ihren Partnern kooperieren. Davon abgesehen ist ein Engagement auf allen Ebenen und insbesondere seitens der Wirtschaft erforderlich, ergänzt durch bürgerschaftliches Engagement und Unterstützung durch die Medien.

Elliniki Gnomi: Viele deutsche politische Stiftungen sind in Griechenland vertreten und haben dort bisher durch zahlreiche Seminare und Konferenzen zur Offenheit der politischen und gesellschaftlichen Diskussion beigetragen. Wenn deutsche und griechische Medien ihre einschlägigen Stigmatisierungen abbauen würden, wäre dieses Modell auch in Deutschland kommunikationsfähig?

Dr. Maly:  Ich freue mich, dass die deutschen politischen Stiftungen in Griechenland eng und effektiv kooperieren und gehe davon aus, dass einer ebenso konstruktiven Zusammenarbeit der Stiftungen in Deutschland nichts im Wege steht, vor allem wenn die Medien in beiden Ländern zu einer differenzierten Berichterstattung finden.

Elliniki Gnomi: Eine junge griechische Studienanfängerin formulierte vor einiger Zeit auf der DGV III ihre Sorge hinsichtlich Ausbildung, Arbeit, Familiengründung und Sicherung einer auskömmlichen Rente, die bisher nur wenig Raum für Lebensqualität lässt. Besonders Jugendlichen muss eine Perspektive für ihr Leben gegeben werden. Griechenland braucht für seinen Weg aus der Krise qualifizierte und engagierte junge Menschen. Bleibt nur der Weg ins Ausland? Welchen Rat würden Sie geben?

Dr. Maly:  Es gibt in Deutschland viele Angebote für Griechinnen und Griechen, im Übrigen auch für Menschen aus anderen südeuropäischen Ländern. Dennoch kann dies nur eine von mehreren Lösungen sein. Wichtig wäre, vor Ort in Griechenland Perspektiven bezüglich Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Auch in dieser Hinsicht gibt es bereits vielversprechende Ideen und konkrete Planungen.

 

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