BUCHBESPRECHUNGEN

Im Fernsehen habe ich den Mann zum ersten Mal bei einer Phoenix-Runde zum Thema deutsch-griechische Beziehungen gesehen und erlebt. Er mag vielleicht nicht so eloquent und mediensicher wie, sagen wir, Varoufakis sein, aber das was er sagte hatte Hand und Fuß. Seinen Namen kannte ich von seinem Buch, die „Kleine Geschichte Griechenlands“.Kleine Geschichte Griechenlands2

Professor Zelepos hat sich an eine schwierige Aufgabe gesetzt und meiner Meinung nach mit Bravour geschafft. Die Geschichte des „modernen“ Griechenlands zu schreiben, ist nicht einfach. Und vor allem nicht, für einen Nicht-Griechen zu verstehen. Viele vor ihm haben es versucht, aber bislang in dieser Kürze und Prägnanz nicht geschafft.

In insgesamt weniger als 230 Seiten eines Paperbacks und zehn Kapiteln erzählt uns Zelepos die Entwicklung Griechenlands von der osmanischen Zeit bis zur „osteuropäischen Wende“. Mittels einer flüssigen und narrativen Sprache und ohne uns durch eine Aneinanderreihung von Daten und Namen zu belasten, bekommt der Leser ein eindrucksvolles Bild über die Entstehung, Etablierung und Fortentwicklung des griechischen Staates. Eines Staates, das im südlichen Teil der Balkanhalbinsel mit einem Kernland bestehend aus dem Peloponnes, Attika und Böotien, Phokis und Lokris sowie Euböa, Ätolien, Akarnien und den Kykladen begann und sich langsam gen Norden über Thessalien und Makedonien bis Thrakien ausweitete sowie aufgrund von internationalen Kongressbeschlüssen die ionischen Inseln, Kreta und später die ägäischen Inseln hinzu bekam.

Trotz der Kürze des Textes haben so Leute wie mich, die an der Historie Griechenlands stark interessiert sind, viel Neues im Buch entdecken können. Die Tatsache z.B., dass Kapodistrias einer der Begründer der schweizerischen Eidgenossenschaft war oder die Geschichte mit den Krediten an das Griechenland des 19. Jahrhunderts waren mir nicht bekannt.

Auch in Griechenland gab es Historikerstreite. Wenn ich mich recht entsinne, hatte z.B. Konstantinos Paparrigopoulos entschieden, die Geschichte der griechischen Nation zu schreiben, u.zw. als Antwort auf die These Fallmerayers, die Griechen des damaligen neu entstandenen Staates hätten mit den alten Hellenen nichts zu tun. Seitdem haben es die griechischen Historiker aufgrund der vielen Kriegen, der Spannungen zwischen Republikanern und Royalisten, der Besatzung durch Italien und Nazi-Deutschland, des schlimmen Bürgerkriegs nach dem 2. Weltkrieg und schließlich der Militärjunta 1967 es immer schwer gehabt, objektiv und unparteiisch zu bleiben. Ioannis Zelepos, der in Hamburg geboren und weit weg von all diesen Animositäten, Emotionen, Gefälligkeiten, etc. aufwächst, besitzt die nötige Distanz und schafft es meisterhaft, „seine“ Geschichte Griechenlands zu schreiben.

Heute, wo so viel über Hellas und seinen Menschen, geschrieben, berichtet, geschimpft und gezankt wird, bietet dieses Buch eine gute Quelle um zu erfahren, mit all welchen Konflikten, Widersprüchen, Vorurteilen, Strapazen, Opfern, etc. dieses Volk während seiner Entwicklung kämpfen musste. Dabei werden Aspekte der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung des Landes nicht unberücksichtigt gelassen.

Am Ende des Buches gibt es eine interessante „weiterführende Literatur“ für jeden, der gerne sein Wissen vertiefen möchte, ein ausführliches Personenregister und einen Bild- und Kartennachweis.

Ich muss gestehen, ich habe das Buch meinen beiden Kindern sofort geschenkt. Ich kenne kein zweites so kompaktes, objektives und fundiertes Buch zu Griechenlands Geschichte, das zurzeit auf den deutschen Büchermarkt existiert. Ein Buch, das ein so ausgewogenes Gesamtbild Griechenlands vermittelt und dem Nicht-Griechen hilft, Mentalität und Temperament der Griechen besser zu verstehen.

Meine Empfehlung: Ein wunderbares Geschenk für Familie und Freunde. Die einen lernen die Geschichte ihrer Väter und Großväter, die anderen lernen uns (Griechen) besser kennen.

Ioannis Zelepos studierte von 1988 bis 1995 Geschichte, Byzantinistik und Neugriechische Philologie an den Universitäten Thessaloniki und Hamburg. Im Jahr 2000 promovierte er in Osteuropäischer Geschichte an der Freien Universität Berlin mit einer Dissertation über die griechische Identitätsbildung im Rahmen der Megali Idea. 2011 habilitierte er am Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien. Er ist Mitglied der Forschungsplattform Wiener Osteuropaforum der Universität Wien. 2011/12 arbeitete er als Lehrbeauftragter an der Universität Regensburg und seit Oktober 2012 lehrt er als Professor für Neogräzistik an der Ludwigs-Maximilians-Universität München.

 

  1. 240 Seiten mit 15 Abbildungen und 6 Karten; € 12,95 als Paperback; € 9,99 als E-Book

C.H.Beck Paperback, ISBN 978 3 406 65343 8

Phedon G. Codjambopoulo

 

 

 

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