Größenwahn-Verlag Frankfurt am Main, ISBN: 978-3-942223-19-5

„Wer erinnert sich an Alfons“, heißt der Originaltitel dieses Buchs von Kostas Akrivos aus dem Jahre 2010. Dieser Titel passt viel besser als der der deutschen Ausgabe des Buches in dessen Zentrum das Leben und Wirken des Österreichers Alfons Hochhauser in Griechenland steht. Die Zentralfigur der Biographie ist ein Abenteurer und Tramper, die nach mehreren Reisen bis in den Orient, den größten Teil seines Lebens auf den Berg Pilion, dem Küstengebirge Thessaliens, verbringt und schließlich dort auch stirbt. Mit mehreren Unterbrechungen wegen Krieg, Straflager, Expeditionen, etc. führt er dort ein Leben als Hirte, Fischer, Ausgräber, Dragomane und Schankwirt. Später kommen Qualitäten wie Taucher und Schauspieler hinzu.

 

Alfons Hochhauser ist ein wahrer Lebenskünstler, der sich auf dem Zentauren-Berg zwischen griechischer Lokaltradition und westeuropäischer Kultur, zwischen orthodoxem Mönchstum und weltlichem Leben, zwischen Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg und Partisanentum, zwischen griechischem Matriarchat und germanischem Männerdasein zu kämpfen hat. Sein größter Erfolg ist der Aufbau einer Herberge an der Ostküste des Pilion, wo er in den 70er und 80er Jahren Individualtouristen im Sommer eine ganz andere Art von Aufenthalt in einfachen Laubhütten und weit weg von Strom und fließendem Wasser beherbergt. Er ist somit einer der ersten Pioniere des alternativen bzw. sanften Tourismus in Griechenland. Davon schwärmen immer noch viele seiner Fans und Gäste von damals.vivlio2

 

Nach einem erfüllten Leben bricht er Mitte Januar 1981 zu einer Wanderung hoch ins Pilion, wo er gewollt erfriert. Er hinterlässt zwei uneheliche Kinder: einen Sohn und eine Tochter. „Hier habe ich gelebt und hier will ich meine letzte Ruhe finden. Diese Landschaft hat alle Merkmale, die man von einem irdischen Paradies erwartet“, hatte er Jahre früher in seinem Tagebuch geschrieben. Wer mehr über diese schillernde Figur eines wahren Philhellenen erfahren möchte, muss das Buch von Akrivos lesen. In minutiöser und akribischer Kleinarbeit hat der Autor wie ein echter Detektiv mehrere Jahre nach Freunden, Bekannten, Weggefährten und Verwandten des Alfons gesucht, sie interviewt oder von ihnen Materialien erhalten, die er ausgewertet hat. Er besuchte sämtliche Orte wo Alfons gelebt hat und suchte Spuren seiner Figur in Archiven, Dokumenten, Expeditionsberichten, Tagebücher und Filmen.

 

Akrivos´ Buch ist das i-Tüpfelchen einer Reihe von Berichten und Dokumentationen, die in den letzten dreißig Jahren in deutschen, österreichischen und griechischen Medien über Alfons, seinem Leben auf dem Pilion und seinen Beitrag zum Individualtourismus in Griechenland erschienen. Ein Zeitzeuge schrieb z.B. über Alfons: „…Viele hielten ihn für einen Spion, andere für einen Playboy, er selbst charakterisierte sich häufiger als einen soliden Abenteurer. Aber in diesem umstrittenen Menschen glühte eine Flamme für Griechenland, und es nagte der Kummer an ihm, nicht als Grieche geboren zu sein….“ Gleichzeitig gehörte er zu den Kritikern von antikem Raub. So hieß es in seinen Tagebüchern: „Habe ich nicht gesagt, die mächtigen Völker dürften nicht die alten Kulturen der kleinen Staaten ausbeuten?“ Er kämpfte für die Erhaltung der Landschaft: „…Denn die Natur ist das Haus, in dem wir leben. Eben deshalb gerate ich häufig in Streit mit den Dorfbewohnern der näheren Umgebung. Die Anlässe dafür sind zahlreich. Vor allem versuche ich ihnen klar zu machen, wenn der Wald stirbt, die Strände sich mit Müll füllen und überall wie wild gebaut wird – der Zement wird hier abgöttisch geliebt – dann werden sie vergeblich auf zukünftiges Glück für ihre Heimat warten…“

 

Heute erleben wir nicht nur eine Wirtschaftskrise sondern auch eine Krise der jahrzehntelangen guten deutsch-griechischen Freundschaft. Auch wenn dieses Buch kurz vor der Krise vollendet wurde, so ist es ein gutes Beispiel und auch repräsentativ für das innige Verhältnis, das mancher Philhellene für Griechenland empfindet und ihn leitet, wenn er das Glück hat, in diesem Land zu leben. Gleichzeitig ist es eine Art Liebeserklärung an die Natur und insbesondere den Wald, den Alfons so sehr liebte, ehrte und respektierte. Einen Wald, dessen Bäume heute Gefahr laufen, zur Abholzung freigegeben zu werden, da im Winter Heizmaterial notwendig ist und die Menschen wegen der Krise kein Geld für Heizöl haben. Deshalb ist dieses Buch nicht nur ein Geheimtipp für Anhänger von Biographien sondern auch ein Hohelied an die thessalische Natur.

 

Ein großer Dank an den Größenwahn-Verlag für die Initiative, dieses Buch dem deutschen Leserpublikum zu präsentieren und an Prof. Hans-Bernhard Schlumm für die einwandfreie Übersetzung.

 

Kostas Arkivos wurde 1958 in Volos geboren. Er studierte mittelalterliche und neuere griechische Literatur und ist seit 1983 Lehrer für Neugriechisch in der Sekundarstufe. Seinen Auftritt in der Literatur hatte er 1985 als er mit dem ersten Preis für junge Autoren in den Wettbewerb der Tageszeitung TA NEA ausgezeichnet wurde.

 

Phedon Codjambopoulo

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