Chatzimarkakis: „Die Rückgewinnung des Vertrauens
der deutschen Unternehmen in Griechenland
ist die beste Voraussetzung für die Wiederbelebung
der deutsch-griechischen Wirtschaftsbeziehungen“.

„Deutsch-Griechisches Expertengespräch“ zum Wiederaufbau der griechischen Wirtschaft tagt auf Initiative von DHW und BDI in Köln. Handelsblatt erhält Deutsch-Griechischen Wirtschaftspreis 2010 für objektive und mutige Berichterstattung zur griechischen Wirtschaftskrise.

Mit einem eindeutigen JA zu Griechenland als Destination für Geschäftspartnerschaften, Investitionen, Kooperationen von öffentlicher Hand und Privatunternehmen (PPP) sowie als Operationsbasis zu den umliegenden Märkten aber unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen war eine der wichtigsten Schlussfolgerungen des Deutsch-Griechischen Expertengesprächs letztes Wochenende in Köln. Am Gespräch nahmen teil Vertreter der deutschen Wirtschaft, der Kammern und Wirtschaftsverbänden sowie der Ministerien. Zur Tagung lud die Deutsch-Hellenische Wirtschaftsvereinigung (DHW) in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und dem Bundesministerium für Wirtschaft ein.

Die Zusammenkunft fand in einem zentralen Hotel in Köln statt und in Anwesenheit von Vertretern großer Konzerne wie z.B. Deutsche Telekom, BAYER AG, MLP, KAESER Kompressoren, etc. Hinzu kamen leitende Mitarbeiter der Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, sowie des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Repräsentiert waren auch die Vorstände der Handwerkskammer zu Köln, der IHK von Thessaloniki und der IHK von Athen sowie der Deutsch-Griechischen Industrie- und Handelskammer in Athen. An der Debatte nahmen u.a. teil renommierte Wirtschaftswissenschaftler und eine große Anzahl von Unternehmern aus Griechenland und Deutschland. Der griechische Staat wurde vom Kölner Generalkonsul Nikolaos Plexidas sowie vom Leiter des Büros für Wirtschafts- und Handelsangelegenheiten im Generalkonsulat Düsseldorf Iakovos Kollaros vertreten.

Im Rahmen der deutsch-griechischen Konsultationen zur Wirtschaftskrise haben Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Ministerpräsident Giorgos Papandreou beschlossen, neben dem Milliardenkredit an Griechenland auch Maßnahmen zu ergreifen, um dem Land eine Entwicklungsperspektive zu geben. Im Rahmen der Rolle Deutschlands bei der Umstrukturierung der griechischen Wirtschaft ist es wichtig, den Austausch über die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sowie die Investitionssicherheit für deutsche Unternehmen in Griechenland fortzusetzen und zu intensivieren. Vor diesem Hintergrund lud die DHW zu einem Round-Table-Gespräch ein. Vertreter aus Politik und Wirtschaft fassten bisherige Ergebnisse nach und formulierten geeignete Maßnahmen zur Erreichung der obengenannten Ziele. Dabei wurden konkrete Beispiele für realistische und nachhaltige Kooperationen in der Privatwirtschaft, zwischen staatlichen Organisationen sowie im Bereich der Public-Private-Partnerships (PPP) aufgezeigt.

Im ersten Teil des Gesprächs ging es um die Situation in Griechenland, das unternehmerische Klima und die Entscheidungen der Regierung bezüglich Aufbau und Entwicklung der Wirtschaft. Es wurde auf die Veränderungen auf den Gebieten des Steuer-, Handels- und Arbeitsrechts hingewiesen sowie über das neue Entwicklungsgesetz diskutiert. Im zweiten Teil wurden konkrete Vorschläge und Initiativen für die Zusammenarbeit in Tourismus, Telekommunikation, Gesundheitswesen, alternative Energien und Medien gesprochen.

Zum Abschluss formulierten der Präsident der Deutsch-Hellenischen Wirtschaftsvereinigung Dr. Jorgo Chatzimarkakis und der Vertreter des BDI Daniel Sahl die Ergebnisse der Veranstaltung:

  1. Die deutschen Unternehmen unterstützen Griechenland und möchten ihre Aktivitäten in Griechenland erweitern. Dies allerdings unter Bedingungen des freien und fairen Wettbewerbs, der Transparenz, der Ehrlichkeit, der Einhaltung von Verträgen und einer langfristigen und nachhaltigen Wirtschaftspolitik.
  2. Die deutschen Unternehmen unterstreichen, dass sie in Griechenland nicht kurzfristig investieren mit dem alleinigem Zweck, große Gewinne zu ernten und zu verschwinden. Die deutschen Unternehmen investieren langfristig und stets mit gesellschaftlicher Verantwortung, Nutzung der vorhandenen Arbeitskraft und der Unternehmen vor Ort und Respektierung der Umwelt und der geographischen Besonderheiten der Regionen.
  3. Die deutschen Unternehmen interessieren sich nicht ausschließlich für Kooperationen mit der öffentlichen Hand. Die deutschen Unternehmen – ob Industrie oder kleine und mittelständische Unternehmen – wünschen sich Kooperationen mit ähnlich großen griechischen Unternehmen mit dem Ziel, die Entwicklung in Griechenland voranzutreiben und in Süd- und Südosteuropa zu expandieren.
  4. Die deutsche Wirtschaft kann aber nicht ewig zuwarten, da die Märkte um Griechenland stetig wachsen und schnell wettbewerbsfähiger werden.
  5. Die deutsche Wirtschaft ist bereit, positive Beispiele (best practice) für die Stärkung des griechischen Unternehmertums zu präsentieren.
  6. Eine gemeinsame Forderung von Deutschen und Griechen ist, “Ordnung” im griechischen Arbeitsmarkt und im Bereich der Wirtschaft herzustellen und dies bei voller Transparenz, Einhaltung von Gesetzen und Beschlüssen des Staates und die Schaffung von landesweiten einheitlichen Regelungen für jeglichen Verwaltungsakt. Gesetze und Beschlüsse müssen ohne Ausnahmen eingehalten werden. Dies gilt auch für die Sanktionen bei Missachtung dieser, egal ob es sich hier um Beamte oder sonstigen Personen handelt.
  7. Es wurde festgestellt, dass die laufenden Steuergesetze für Unternehmen eine abschreckende Wirkung auf das Neugeschäft in Griechenland haben.
  8. Das Bestehen der griechischen Regierungen bei PPP 51% der Anteile zu behalten wird als das entschiedenste Hindernis für jede Form von Beteiligungen der privaten Unternehmen angesehen.
  9. Die Entscheidung des Finanzministeriums die Mehrwertsteuer bis Ende des Jahres an die Unternehmen nicht zurück zu erstatten führt zum Abzug von deutschen Unternehmen aus Griechenland.
  10. 10. Die mangelnde Entschlossenheit der Regierung Griechenlands, endlich das neue Entwicklungsgesetz zu verabschieden, ist von großem Nachteil bei der Gewinnung von neuen Investoren.
  11. Es ist erforderlich frisches Geld und finanzielle Mittel zur Existenzsicherung und Existenzgründung von innovativen Unternehmen zu finden. Zu diesem Zweck werden Initiativen in Richtung Gründung einer Mittelstandsbank oder von Treuhandfonds (Venture Capital, Equity Capital, Business Angels, etc.) begrüßt.
  12. 12. Es besteht der Bedarf für eine bessere Information der deutschen Wirtschaft über das erfahrene und qualifizierte Humankapital in Griechenland. Dieses kann bei der Gründung von Niederlassungen deutscher Unternehmen in Griechenland genutzt werden.
  13. Die Entwicklung der Telekommunikation, des Breitbandnetzes und des Internets in Griechenland sind enorm wichtige Voraussetzungen für die Expansion und die Niederlassung deutscher Unternehmen in Griechenland. Ohne diese Infrastruktur können sich deutsche Unternehmen eine Präsenz in Griechenland nicht vorstellen. Man sollte nicht vergessen: 10% Wachstum im Breitbandnetz bedeuten 1,5 Wachstum des BIP des jeweiligen Landes.
  14. Pharmazeutische Unternehmen können nicht vom Staat verpflichtet werden an diesem ihre Produkte anstandslos zu verkaufen und von der anderen Seite jahrelang von diesem nicht bezahlt zu werden.
  15. Für einen besseren „know-how“-Transfer im Bereich von öffentlichen Dienstleistungen soll der Aufbau von europäischen Programmen auf dem Gebiet der Ausbildung, der Qualifizierung und des gegenseitigen Informationsaustauschs auf Beamtenebene angestrebt werden.
  16. Genauso wie die Zuständigkeit für Investitionen nunmehr beim Ministerpräsidenten Griechenlands angesiedelt wurde, so wurde die Forderung formuliert, in den Ministerien ständige Ansprechpartner für große und sehr große Unternehmen in Griechenland (eine Art „key account managers“) zu etablieren.
  17. In Zusammenhang mit der Krise haben viele Medien in beiden Ländern eine negative Rolle gespielt. An die Medien in beiden Ländern wird appelliert in Zukunft eine konstruktivere Rolle zu spielen und die Bedeutung der bilateralen Unternehmenskooperationen hervorzuheben. Die Teilnehmer lobten die Vorbildfunktion des “Handelsblatt” und des griechischen Programms der Deutschen Welle in diese Richtung.

Bei dieser Gelegenheit soll noch einmal unterstrichen werden, dass Deutschland auch im Jahr 2010 der wichtigste Handelspartner Griechenlands geblieben ist, sowohl als Käufer griechischer Produkte als auch als ihr größter Lieferant. Deutschland behält weiterhin den ersten Platz bei den Direktinvestitionen europäischer Staaten in Griechenland wobei diese z.B. achtmal so hoch wie die der USA sind.

In einem festlichen Abendessen im Nachgang zu obigem Expertengespräch hat die Deutsch-Hellenische Wirtschaftsvereinigung den Deutsch-Griechischen Wirtschaftspreis 2010 an die Chefredakteure von Handelsblatt und Handelsblatt Online für ihre objektive und mutige Berichterstattung zur Wirtschaftskrise Griechenlands und den Verlauf der deutsch-griechischen Wirtschaftsbeziehungen verliehen. Besonders wurde die HANDELSBLATT-Kampagne “Wir kaufen griechische Staatsanleihen” hervorgehoben, die inmitten der Krise durchgeführt wurde und an der prominente deutsche Unternehmer, Politiker, Wissenschaftler und Journalisten beteiligt waren, die nicht nur wirklich Anleihen gekauft hatten sondern zudem öffentlich bekannt machten, warum sie dies getan haben und warum sie dritten raten, auch dies zu tun. Der Präsident der DHW Dr. Jorgo Chatzimarkakis lobte den Mut und die Bedeutung aller Veröffentlichungen der Zeitung und des Internetportals und dankte im Namen aller Griechen in Deutschland dem Handelsblatt für seine Haltung. Dabei erinnerte er auch auf den jüngsten Leitartikel der Zeitung “Versailles ohne Krieg“ und in dem die Politik der großen Länder, insbesondere Deutschlands, gegenüber den kleineren EU-Ländern, die von der Krise bedroht werden, kritisiert wird.

Auf der gleichen Veranstaltung wurde der Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer in Thessaloniki Emmanuel Vlachoyiannis zum Mitglied des DHW-Ehrensenats ernannt. Er bekam die Ehrennadel der DHW für seine langjährige Unterstützung von DHW-Aktivitäten und seinen Einsatz für die Förderung der deutsch-griechischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen.

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