Für die Elliniki Gnomi von: Sylvia Löser
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) ist eine SPD nahe politische Stiftung. Die bedeutendsten SPD-Politiker der ersten deutschen Demokratie waren Reichspräsident Friedrich Ebert (1865 – 1925), Reichskanzler Philipp Scheidemann (1876 – 1931) und Hermann Müller (1876 – 1931). Die von Friedrich Ebert angeregte Stiftung wurde nach seinem Tod im Jahre 1925 gegründet und sollte der Diskriminierung der Arbeiter auf dem Gebiet der Bildung entgegenwirken.
Wir sprachen mit Christos Katsioulis, der zusammen mit seiner Frau Nicole das Büro der Stiftung in Athen leitet:
Sozialer Zusammenhalt
Demokratische Kultur
Innovation und Teilhabe
Solidarische Globalisierung
Diese Ziele formuliert die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) auf ihrer Website. Hehre Absichten. Was sind sie wert in der ökonomischen Krise in Griechenland und Europa?
Im Grunde geht es für uns darum, Leitplanken zu erarbeiten, ich glaube, dass gerade sozialer Zusammenhalt, demokratische Kultur und Teilhabe beispielsweise Aspekte sind in der ökonomischen Krise in Europa, besonders aber auch in Griechenland eine zentrale Rolle spielen. Insofern orientieren wir uns an am Wertegerüst. Wir sind Teil der sozialen Demokratie und es ist das, was uns anleitet. Unsere Arbeit weltweit, aber ich würde sagen in Griechenland ganz besonders.
Die FES war vor Jahren schon einmal in Griechenland vertreten. Welche Gründe waren für den Weggang verantwortlich?
Zum Einen Mittelknappheit. Wir sind finanziell stark vom Auswärtigen Amt abhängig. In diesen Jahren gab es nicht genügend Mittel, sodass wir unser Büro nicht mehr aufrecht erhalten konnten. Zum Zweiten: Wir erinnern uns, 2005 schien Griechenland auf prosperierendem Weg zu sein. Die Ziele waren bravourös abgeleistet worden. 2004 wurde Griechenland sogar Europameister im Fußball. Also das Land war auf dem Standard Westeuropas und so entschlossen wir uns, die deutsch-griechische Arbeit von Berlin aus und ohne Büro in Athen fortzusetzen.
Sie und Ihre Frau Nicole sind die verantwortlichen Leiter des Büros der FES in Athen. Sehen wir uns die extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland (Tendenz weiter steigend) und damit verbundene Perspektivlosigkeit an, Wie kann dann kurz-, mittel- und langfristige Hilfe aussehen?
Es ist eine gesellschaftliche Gretchenfrage. Ich habe keine wirkliche Antwort darauf. Wir versuchen, Antworten zu erarbeiten. Langfristig ist es sicherlich so, dass die griechische Wirtschaft wieder funktionieren muss, dass wir Wachstum brauchen, in welcher Weise sich Griechenland ökonomisch entwickeln möchte, bzw. sich man konzentrieren will. Kurzfristig versuchen wir, die besten Methoden aus Deutschland und Europa zu vermitteln, wie mit der Jugendarbeitslosigkeit umzugehen ist. Wie man diese gut ausgebildeten Jugendlichen ins Berufsleben vermitteln kann. Dazu gehört dann auch der Übergang von der Schule in den Beruf ebenso geht es aber auch um den Übergang von der Universität in den Beruf. Sie kennen das griechische System sicherlich, dieses ist sehr theoretisch angelegt und der Praxisbezug fehlt, was den Einstieg in den Beruf erschwert. Es gibt sicher aber auch noch andere Möglichkeiten, die man verfolgen könnte. Wir lassen momentan eine Studie erarbeiten, wie die Jugendarbeitslosigkeit in GR aussieht und sie geht noch einmal auf die spezifischen Gründe in Griechenland ein, sodass wir vielleicht maßgeschneiderte Antworten entwickeln können.
In Deutschland unterstützt die FES mit Stipendien studierwillige Jugendliche. Welche Voraussetzungen müssen junge Griechen mitbringen, um von der FES gefördert zu werden?
Sie müssen die deutsche Sprache beherrschen, auch müssen in ihrem Studium exzellente Leistungen erbracht haben und daneben müssen zu den exzellenten Leistungen auch gesellschaftliches Engagement an den Tag gelegt werden. Das ist eines der zentralen Kriterien bei unseren Stipendiaten/innen, das sie sich neben ihrem Beruf auch gesellschaftlich einbringen, in welcher Form auch immer. Dieses Stipendium für junge Griechinnen und Griechen ist ein besonderes Anliegen von uns. Momentan haben wir nur einen Stipendiaten aus GR. Das ist eine Zahl, die wir erhöhen wollen, besonders vor dem Hintergrund, dass wir sehr viele Stipendiaten haben, die früher von der FES unterstützt wurden. Es ist eine große Anzahl von Personen, die sehr eng mit der Stiftung verbunden ist.
Griechische Studierende sind in Deutschland nicht selten. Auswanderung kann aber keine Dauerlösung sein. Bereits heute ist dieser „brain drain“ hoch. Was kann nach Ihrer Meinung getan werden?
Im Grunde ist die Antwort so ähnlich wie die nach der griechischen Jugendarbeitslosigkeit. Wir brauchen wieder Perspektiven in Griechenland. Akademiker, bestausgebildete Griechen sehen in ihrem Land keine Perspektiven mehr, deshalb ist es nachvollziehbar, dass sie über Auswanderung nachdenken. Wenn es diese Perspektive wieder im Land gibt, geht es nicht nur um Arbeitsplätze, sondern auch um Möglichkeiten, Unternehmensgründungen zu fördern. Bürokratische Hemmnisse sind abzubauen, damit solche Menschen wieder zukunftsträchtige Perspektiven entwickeln können.
Die FES unterstützt die Bemühungen der Deutsch-Griechischen Versammlung (DGV), welche in Kastoria, Ptolemaida, Paramythia und Lesbos, um nur vier von vielen zu nennen, Konferenzen zu vielfältigen wichtigen Themenbereichen durchführte und weiter durchführen wird. Wie sieht diese Unterstützung aus und erstreckt sie sich auf die DGV insgesamt?
Die Fachkonferenzen unterstützen wir in der Form, dass wir sie gemeinsam mit dem Generalkonsulat in Thessaloniki und der Koordinierungsstelle in Thessaloniki organisieren. Wir nutzen auch unser Netzwerk in Deutschland, um Expertinnen und Experten, Kommunalpolitiker für diese Fachkonferenzen zu gewinnen. Das ist das, was wir in vielen Ländern und Bereichen bereits machen: Konferenzen organisieren und unser Netzwerk einbringen. Unterstützung für die DGV würde ich jetzt in dem Sinne nicht formulieren, sondern wir sind Teil der DGV. Wir beteiligen uns damit, dass wir möglichst breitgefächert Kommunalpolitiker aus Deutschland und Griechenland mit einbringen, Themen setzen und diese Themen entweder durch Experten oder Studien vorantreiben.
Griechenland steht im Fokus Europas. Die eine Seite sieht das Land kurz vor dem Austritt aus dem Euroraum, die andere beschwört für diesen Fall katastrophale Folgen für den Euro insgesamt. Auf die Arbeit der FES bezogen bleibt die Gretchenfrage: Was passiert, wenn etwas, also eine Rückkehr zur Drachme passiert?
Ich würde die Gretchenfrage eher anders herum formulieren: Wie hältst du es mit dem Engagement in Griechenland? Die Antwort, die ich geben kann, ist natürlich nur eine, die wir als FES in Athen geben können. Wie die Stiftung in Berlin entscheidet, kann ich natürlich nicht sagen. Egal: -In welcher Währung Griechenland bezahlt. Griechenland ist Teil Europas und die europäische Bindung ist einer der wichtigsten Anker der griechischen Demokratie. Ich gehe nicht davon aus, dass Griechenland zur Drachme zurückkehrt, aber sollte das passieren, sind europäische Bindungen noch wichtiger als bisher. Wenn wir als Deutsche diese Bindungen lösen, ist das auch ein negatives Signal bezüglich der Zugehörigkeit Griechenlands zu Europa und dieses wäre aus meiner Sicht fatal, nicht nur für die Politik in Griechenland, sondern auch für die Gesellschaft, die momentan in einer sehr schwierigen Situation ist. Signale der Solidarität, der Kooperation und Zusammengehörigkeit sind gerade jetzt psychologisch und politisch notwendig.
Erst kürzlich führte die FES Athen gemeinsam mit der deutschen Organisation aktuelles forum das Seminar „Jugendperspektiven in Europa“ durch, zu dem sich junge JournalistInnen aus verschiedenen europäischen Ländern, auch aus Griechenland, einbrachten. Wir waren überrascht von deren Wissen über die komplexe Situation der Jugendarbeitslosigkeit im Süden Europas und sehr angetan von dem breiten Engagement.
Können Sie schon ein Fazit des Seminars und seiner Ergebnisse ziehen. Gab es neben der digitalen auch eine öffentliche Resonanz?
Ein Fazit des Seminars ist die beeindruckende Nähe zwischen jungen Europäern. Es ist erstaunlich und beeindruckend zugleich, zu sehen, wie kenntnisreich, neugierig und offen die Generation in Europa miteinander umgeht. Zum Zweiten haben wir gesehen, dass diese jungen Menschen von den gleichen Problemen umgetrieben werden: wie wird sich mein Leben in den kommenden Jahren entwickeln? Wie stabil ist dann noch der europäische Rahmen? Und warum ist Europa nicht gerechter organisiert. Und das ist der dritte Punkt, den ich positiv hervorheben möchte. Diese jungen Europäer wollen alle etwas dafür tun, dass sich die EU verändert und menschlicher wird.
Herr Katsioulis, wir bedanken uns für diese Erläuterungen.