Berlin, 11. Februar 2011. Mit einer Großdemonstration haben am 28. Januar mehr als zwanzigtausend türkische Zyprer im besetzten Teil Lefkosias gegen die türkische Regierung in Ankara demonstriert. 28 Gewerkschaften und NGOs und Parteien hatten zu der Kundgebung aufgerufen. Dabei verlangten die Demonstranten auf ihren Transparenten: „Wir wollen euer Geld nicht“ und „Hände weg von Zypern“. Anlass für die Demonstration war die von Ankara der türkisch-zyprischen Führung verordnete Sparpolitik. Der Türkei kostet die Besetzung des Nordens Zyperns allein an zivilen Ausgaben jährlich rund eine halbe Milliarde Euro. Empörung löste nun aber unter den türkischen Zyprern vor allem die Reaktion des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan auf die Demonstrationen aus. „Sie nehmen unser Geld und sagen uns dann, wir sollten abhauen“, hatte Erdogan gegenüber Reportern gesagt und hinzugefügt: „Wer bist du denn, dass du sagen kannst: Nehmt eure Hände weg. Ich habe Märtyrer, ich habe Kriegsveteranen, ich habe strategische Interessen.“ Damit verweigert der türkische Regierungschef den türkischen Zyprern das Selbstbestimmungsrecht und offenbart öffentlich, dass es der türkischen Regierung in ihrer Zypernpolitik nicht um die Interessen der türkischen Zyprer geht, sondern um die eigenen strategischen Ziele. Erdogan forderte sogar den Führer der türkischen Zyprer Eroglu öffentlich auf, gegen die Demonstranten vorzugehen. Sie hätten kein Recht zu demonstrieren: „Wer sind diese Leute? Wir haben Videoaufnahmen von ihnen. Sie müssen vor Gericht gestellt werden.“

Die Organisatoren des Massenprotests wollen sich aber nicht einschüchtern lassen. So erklärte die türkisch-zyprische Oppositionspartei CTP: „Herr Erdogan sollte wissen, dass jener Ort, den er unter strategischen Gesichtspunkten sieht, unsere Heimat ist, aus der wir uns nicht vertreiben lassen. Wenn der türkische Ministerpräsident Streit suche, könne er ihn haben, sagte auch der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft Sener Elcil. Aus Protest gegen die Bevormundung sind bereits mehrere Schulen auf unbestimmte Zeit geschlossen. Auch das Katasteramt wird seit Wochen bestreikt. Die Situation für die türkischen Zyprer ist nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht äußerst schwierig. Er wird geschätzt, dass in den besetzten Gebieten rund 300.000 Menschen leben, davon aber nur noch ca. 90.000 türkische Zyprer. Der Rest sind Siedler vom türkischen Festland sowie türkische Soldaten mit ihren Familien. Die türkischen Zyprer sind also eine Minderheit, deren Rechte und Interessen eine untergeordnete Rolle spielen – so wie es jetzt die Äußerungen des türkischen Ministerpräsidenten bestätigen. Der Kommentator der türkisch-zyprischen Zeitung „Havadis“ forderte deshalb Erdogan auf, die beleidigenden Worte zurückzunehmen. Die Organisatoren des Massenprotests betonen, dass der Widerstand gegen die türkische Zypernpolitik von einer breiten Mehrheit getragen wird, die sich auch mit Nachdruck für die Wiedervereinigung Zyperns einsetzt. Der KTOEOS-Gewerkschaftssekretär erklärte: „Wir wollen keine Sklaven sein. Wir wollen Frieden und ein vereintes Zypern.“

Der zyprische Regierungssprecher Stephanou machte derweil am 6. Februar deutlich, dass die zyprische Regierung keinen Einfluss auf die Demonstrationen ausgeübt habe: „Diese Proteste senden aber eine klare Botschaft, was die Präsenz der türkischen Armee auf Zypern angeht. Die türkischen Zyprer haben Ministerpräsident Erdogan deutlich gemacht, dass sie ihre Würde verteidigen wollen – genau wie es die griechischen Zyprer tun. Das ist der gemeinsame Grund, warum das zyprische Volk ein Ende der Besetzung will. Die Zyprer wollen selbst über das Schicksal ihres Heimatlandes bestimmen.“ Kein strategisches Interesse rechtfertige die Besetzung Zyperns und die Verletzung internationalen Rechts, so wie es die Türkei seit 1974 tue. Die türkisch-zyprischen Gewerkschaften, Parteien und NGOs machten deutlich, dass sie die Proteste weiter fortsetzen wollen, und kündigten eine Großkundgebung für den 2. März 2011 an.

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