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Thessaloniki, „Jerusalem des Balkans“, war einst die größte und wichtigste jüdische Stadt Südosteuropas. „Ich sah etwas Außergewöhnliches. Eine jüdische Stadt, eine jüdische Arbeiterstadt“, notierte der junge David Ben-Gurion, später erster Premierminister Israels, während seines Besuchs im Jahr 1911. Die Wehrmacht, die im Auftrag von Adolf Eichmann die „Endlösung der Judenfrage“ auch in Thessaloniki vorantrieb, deportierte und ermordete ab 1941/42 nach und nach fast alle 50.000 Juden der Stadt. Die Geschichte der Juden in Griechenland während des zweiten Weltkriegs ist durch viele Extreme gekennzeichnet und der deutschen Öffentlichkeit nahezu unbekannt.

Die heutige Metropole Nordgriechenlands ist die Protagonistin der Kurzdokumentation “Salonika – A city with amnesia”, die Mitte März in Köln einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Kurzfilm ist eine deutsch-englisch-griechische Produktion aus dem Jahr 2017. Buch und Regie führten Max Geilke und Mario Forth.Die beiden Filmemacher standen im Anschluss der Filmvorführung dem Publikum für ein Gespräch zur Verfügung. In der Podiumsdiskussion wurde das schwierige Thema Amnesie und Vergangenheitsbewältigung anhand der Geschichte der Kölner Partnerstadt beleuchtet. Teilnehmer der Podiumsdiskussion waren Rena Molho, Historikerin und Autorin des Buches “Der Holocaust der griechischen Juden”, und Dr. Karl Heinz Roth, Sozialwissenschaftler und Autor des Buches “Reparationsschuld – Hypotheken der deutschen Besatzungsherrschaft in Griechenland und Europa”.Den Gästen bot sich dabei die Gelegenheit, mehr über die Historie Thessalonikis zu erfahren und die dortige Vergangenheitsbewältigung mit der hiesigen zu verbinden.

Der Film erzählt über den Einfluss und die Vernichtung des jüdischen und muslimischen Lebens in Saloniki – der ehemaligen kosmopolitischen Hafenstadt, in der die Traditionen der Osmanischen Muslime, Juden und Christen koexistierten und verschmolzen sind. Leider ist die jüdische Präsenz fast vollkommen ausgelöscht, nachdem die deutsche SS die große Mehrheit der  Juden nach Auschwitz deportiert hat. Aber auch seit der Migration der Osmanen in den türkischen Staat erinnern nur noch sehr wenige Dinge an die dutzenden Minarette und türkische Bäder, die immer weniger in das heutige Stadtbild passen wollen. Das ehemalige Jerusalem des Balkans ist in Amnesie verfallen – die einst heterogene Bevölkerung aus jüdischen Hafenarbeitern, Hauseigentümern und Kaufleuten, Muslimischen Paschas und Derwische scheint also komplett vergessen. 

Auf der Bildebene gibt es neben den klassischen Interviews und Archivaufnahmen auch alte Fotos, die mit Hilfe von Animationstechniken zum Leben erweckt werden (Parallaxeneffekt). Als roter Faden führt uns eine amerikanische Reisende Ende 19. Anfang 20. Jahrhundert durch die Stadt, indem sie einen Brief an ihre Schwester schreibt. Die Reisende wird gespielt von einer Schauspielerin als sogenanntes Reenactment. Des Weiteren wird es „Zeitrafferaufnahmen“ geben um den stetigen Verlauf von Geschichte visuellen darzustellen: Innerhalb von wenigen Sekunden ziehen Wolken und Sonnenverlauf eines Tages über einen alten Brunnen mit arabischen Schriftzeichen in der Altstadt Thessalonikis. Auf der Tonebene wird es Soundcollagen geben von Märkten, Straßen, Gebetshäusern etc. Die unterschiedlichsten Stimmen wie Ladino-Spanisch, griechisch, hebräisch, türkisch etc. fügen sich zu einem Klangbild aus einer längst Vergangenen und auch verdrängten Zeit zusammen.

Die Veranstaltung wurde von der A und A Kulturstiftung sowie der Stadt Köln gefördert.

 

Fotos (AB)

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