Von Sylvia Löser und Walter Bachsteffel

Es war eine furchterregende, eine grausige Gegend. Zumind08 acheronest in der griechischen Mythologie. Ein Seitenarm der Styx (Wasser des Grauens). der Kokytos (Fluss des Wehklagens) mündet in den Acheron (Fluss des Leidens). Dort wartet der greise, finstere Fährmann Chairon, der die Verblichenen gegen einen Obulus, eine Bronzemünze, in die Unterwelt der Toten, den Hades, befördert. Chairon ist nach der Mythologie der Sohn der Nyx (Nacht) und des Erebos (Finsternis). Das ist lange her. Heute würde Vergil[1] die Stätten kaum erkennen; besonders in der Hochsaison nicht. 

An heißen Tagen ist es herrlich, die Schlucht des Acheron zu begehen. Sie haben richtig gelesen. Ob über die Skala Tsaveleinas wandern und dann in die ausgewaschenen Becken des „Flusses in die Unterwelt“ zu ei09 acheronnem erfrischenden Bad zu steigen, oder gemütlich einen Kaffee bei Konstantina und Niko zu trinken, den Stuhl ins flache Wasser zu stellen und dann den Fluss aufwärts zu gehen, es ist immer ein Erlebnis. Wasserfeste Schuhe sind dazu empfehlenswert, da die Kiesel in Verbindung mit dem kalten Wasser rasch weh tun. Spazieren wir nur ein Stück entlang und bewundern die steilen Felswände, aus denen wie über kleine Wasserspeier Nachschub fließt. Wir bewegen uns in historisch bedeutsamer Gegend. Oberhalb der Schlucht des Acheron kommen in den Bergen von Souli jedes Jahr am letzten Mai-Sonntag mehr als 5.000 Menschen zusammen, um in einem natürlichen Amphitheater der Nacherzählung der Geschichte von Mönch Samuel und des Befreiungskampfes gegen die Osman04 acheronen zu lauschen. Dann qualmen ebenso wie im unten gelegenen Gliki die Souvlaki am Grill.

Aber auch in der übrigen Jahreszeit bleibt keiner hungrig. Entlang des Flusses bis zur Brücke von Gliki siedelten sich zahlreiche Restaurants an. Für Sportfreunde werden Rafting und Reiten im Fluß angeboten. Vor Schwimmversuchen ist wegen einiger gefährlichen Strömungen – besonders in den ausgewaschenen Biegungen – zu warnen. Für den weniger Sportlichen tut es wohl auch ein Ouzo mit Meze, den kleinen Appetithäppchen, ohne die kein Grieche Alkohol trinkt. Mit anderen Worten, Chairon wurde vom Tourismus abgelöst. 

Gliki ist dann nur Zwischenstation auf unserem Weg zum Ionischen Meer. Die Strasse führt an den Resten einer frühchristlichen Basilika vorbei, deren Besonde03 turkopalukonrheit eine begehbare Säule darstellt. Von Gliki fahren wir nach Kipseli, um dort die Hauptstrasse zu verlassen und in das am Hang gelegene Dorf zu kommen. Durch das Dorf, am Friedhof vorbei, folgen wir einer schmalen Strasse etwa fünf Kilometer zum Kokytos, der hier nicht mehr an den Fluss des Wehklagens erinnert, sondern nur noch trocken erscheint. Wieder stehen wir einer weiteren Zeitebene der vielfältigen griechischen Vergangenheit gegenüber. Das 1242 vom Paläologenkaiser Manuel II. finanzierte kleine Kloster des hl. Demetrios, genannt Tourkopaloukon, bezaubert durch Stil und Lage. Wenn im Spätfrühling hier die Nachtigallen schlagen, wird dem Ruhenden ein Teil der tausendjährigen Geschichte von Byzanz lebendig.

 

Wir springen zurück zu einem früheren Zeitabschnitt de06 nekromanteions an Historie reichen Epirus undbesuchen nach wenigen Kilometern Fahrt das antike Totenorakel, das Nekromanteion in Mesopotamia, wo in alter, mythischer Zeit von Priestern ein Gespräch mit Toten angeboten wurde. Zu diesem Zweck musste der Proband zwei Wochen Vorbereitung in völliger Abgeschiedenheit und dem Verzehr von Rauschzuständen erzeugenden Saubohnen verbringen. Wenn es dann soweit war, gaukelten ihm die Priester in einem auch heute noch sehr eindrucksvollen unterirdischen Gewölbe mit Hilfe einer ausgeklügelten Mechanik das Erscheinen der gewünschten Verstorbenen vor. Könige kamen und holten sich Rat. Wenn wir Homer Glauben schenken, ging hier auch Odysseus in den Hades, um den blinden Seher Teiresias zu befragen.

Die Göttin und Zauberin Kirke rät Odysseus [2]:

 (…)

Edler Laertiad, erfindungsreicher Odysseus,

Laß mit nichten die Sorg´ um des Schiffs Geleiter dich kümmern,

Richte den Mast nur empor, und spanne die schimmernden Segel,

Setze dich dann; weil jenes den Hauch des Nordes dir hintreibt

Aber sobald du im Schiff den Okeanos jetzo durchfuhrest,

Wo das niedre Gestad´ und die Haine der Persefoneia,

Erde zugleich, und Pappel, und fruchtabwerfende Weide;

lande dort mit dem Schiff an Okeanos tiefem Gestrudel,

Selbst dann gehe hinein in Aides dumpfe Behausung.

Wo in den Acheron dort der Strom Pyriflegethon stürzet,

Und des Kokytos Strom, der ein Arm der stygischen Flut ist;

(…)

 

Nun sollte der Besucher aber die Freuden eines schönen Badestrandes genießen können. Im nahegelegenen Ammoudia, wo der Acheron ins Ionische Meer mündet, findet er Restaurants, Hotels, Bars, Bootsfahrten, der flach verlaufende Sandstrand ist für Kinder besonders geeignet. Nach der Begegnung mit der Geschichte ist nun Erholung angesagt. 

 

 

 

 

 


[1] Vergil, 70 – 19 v.Chr. Aeneis 6 298-215

[2] Homers Odyssee, Übersetzung: Johann Heinrich Voß, J. G. Cotta´scher Verlag 1851, S. 205 f

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