Drei Generationen – alle sind im Obsthandel tätig:
Enkel Petros, seine Eltern Stavroula und Dimitrios
sowie Großvater Petros Vlachakis.
Foto: Beatrice Ehrlich.
„Ja heißt ja und nein heißt nein“.
Von Beatrice Ehrlich
Der Obsthandel der Familie Vlachakis in Heitersheim mit dem dazugehörigen griechischen Imbissstand ist kaum zu übersehen. Ein Schild an der B3 lockt mit Niedrigstpreisen. Auch aus den umliegenden Gemeinden kommen Menschen angefahren, um sich mit griechischen Melonen oder anderem Obst und Gemüse einzudecken. Die Tomaten sind die billigsten weit und breit. Die Wassermelonen, im Hochsommer besonders gefragt, türmen sich im Verkaufsraum bis unter die Decke. „Mein Geheimnis ist, dass meine Produkte erst geerntet werden, wenn sie reif sind“, verrät der Betreiber des Obsthandels, Dimitrios Vlachakis. „Das merken die Kunden, sie schätzen das Aroma“.
Man sitzt beim Kaffee – Filterkaffee, nicht der griechische mit dem dicken Bodensatz. Dimitrios Vlachakis ist in Heitersheim aufgewachsen. Sein Vater, Petros, war 1963 als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen, da er als Landwirt in Griechenland keine Perspektive mehr sah. „Es war unmöglich, davon eine Familie zu ernähren“, erklärt er. Der Weizen, der in seiner Gegend angebaut wird, brachte kaum noch einen Gewinn ein. Er arbeitete vier Jahre im Kaliwerk in Buggingen, acht Jahre beim Safthersteller Jacoby in Auggen und 18 Jahre bei der Firma Buschmann in Bad Krozingen.
1970 kaufte er das Grundstück in Heitersheim, wo heute das Haus der Familie steht, und eröffnete den Obsthandel, zunächst als zweites Standbein. Heute verbringt Petros Vlachakis viel Zeit in seiner alten Heimat – in Zentralgriechenland und in Athen, wo die Familie mehrere Wohnungen besitzt. Hier in Heitersheim fehlt ihm die zahlreiche Verwandtschaft. Mit den Zuständen in Griechenland ist er aber überhaupt nicht zufrieden. „Es hat sich nichts geändert seit 1963“, schimpft er. „Der wirtschaftliche Erfolg hat nur neue Schulden gebracht, es wurde nichts gewonnen“. Eine neue Politik müsse in Athen Einzug halten: „Jemand muss endlich ein klares Wort sagen“, fordert er.
Sein Sohn Dimitrios fühlt sich in Heitersheim zuhause. Hier hat er schon den Kindergarten besucht und kennt viele Leute. Er arbeitet rund um die Uhr. Für Stammtisch oder Vereinsleben hat er keine Zeit. Auch mit Landsleuten hat er über die Familie hinaus wenig Kontakt, allerdings gibt es nur wenige Griechen in der Gegend. Dennoch schlagen zwei Herzen in seiner Brust: „Ich bin stolz, Grieche zu sein und ich bin stolz, die deutsche Mentalität zu haben“, erklärt er. „Ja heißt ja und nein heißt nein“, das ist es, was Dimitrios am Umgang mit den Deutschen so gut gefällt. Das Krankensystem und die Behörden funktionierten einwandfrei. „Dafür verzichtet man auf Sonne und Meer, denn griechisches Essen bekommt man ja auch hier“, sagt er. Die griechische Art zu denken, ist ihm teilweise fremd geblieben. „In Griechenland kann ich keine Geschäfte machen“, klagt er, wenn er dort sei, streite er oft über die griechische Politik.
Ihm und seiner Frau Stavroula ist es dennoch wichtig, den Kontakt zu Griechenland nicht abbrechen zu lassen: Die vier Kinder des Paars fahren jeden Samstag zum muttersprachlichen Unterricht in Basel. Dort besucht die Familie auch den griechisch-orthodoxen Gottesdienst.
Dimitrios’ ältester Sohn, Petros, heißt wie sein Großvater und verkörpert die dritte Generation in Deutschland. Er hat gerade die Hauptschule abgeschlossen. Jetzt soll ein Jahr auf der Berufsschule folgen. Sein Ziel ist der Realschulabschluss. Petros spricht und schreibt griechisch fast so gut wie deutsch. Bei der Fußball-WM hat er Griechenland die Daumen gedrückt – allerdings nur bis zu dessen Ausscheiden. Dann war er für Deutschland.
Veröffentlichung mit der freundlichen Genehmigung der Badischen Zeitung und der Autorin.