Friedrich Ebert (+ 1925) in Athen
Jugendperspektiven Europäisches Seminar FES und aktuelles forum
Athen 11. bis 15. Juli 2013

 

Von Sylvia Löser und Walter Bachsteffel

Der Blick auf die Akropolis ist wie immer atemberaubend. Strahlend thront der Parthenon, das Symbol griechischen Stolzes für Jahrtausende, über allem. Was sah er nicht alles. Von den Anfängen der Demokratie bis zum Herunterreißen der Hakenkreuzfahne durch Manolis Glezos, ein historisches Kaleidoskop. Selbst die Risse und dauerhaften Renovierungsarbeiten machen in diesen Krisenzeiten realen Sinn.eg01 Christos Katzioulis (l.) und Vize Dimitrios Mamouris

Was das alles mit dem längst verstorbenen deutschen Staatspräsidenten zu tun hat. Natürlich ist er nicht persönlich anwesend bei der kleinen Feierstunde in den Räumen der nach ihm benannten Stiftung in Athen. Dimitrios Mamouris, Vizebürgermeister der Stadt Souli/Paramythia enthüllt zusammen mit Christos Katzioulis, dem Athener Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung das prachtvolle alte Gemälde des Namensgebers. Mamouris erklärt den anwesenden jugendlichen Journalisten aus vielen europäischen Ländern seine Beweggründe damit, dass in schwierigen Zeiten Griechenland nicht nur als Nehmer erscheinen solle, sondern auch als Geber. Auch hoffe er als überzeugter Demokrat, mit dieser Geste in schwierigen kapitalistisch geprägten Zeiten an die Notwendigkeit der Bewahrung der Demokratie erinnern zu können.eg06

Deshalb sind wir leider hier. Unser Thema ist ernst. Sehr ernst.

„Die Friedrich-Ebert-Stiftung/Athen und das aktuelle forum führen vom 11.-15. Juli dieses Jahres ein jugendpolitisches Seminar in Athen durch. Der Titel lautet: Die Perspektiven der jungen Leute in Europa. Daran nehmen zehn junge Leute aus Griechenland und zehn weitere junge EuropäerInnen aus unterschiedlichen Ländern Europas teil. Dies sind junge Leute aus dem Redaktionsteam der europäischen Internetzeitung EuropeanYouthVoice, die vom aktuellen forum seit 2006 herausgegeben wird. Neben den Teilnehmenden aus Griechenland nehmen Personen aus Bulgarien, Lettland, Polen, Frankreich, Estland, Spanien, Tschechien, Slowakei, Rumänien und Deutschland teil. Damit soll eine multilaterale Perspektive gewonnen werden.eg05

Im Mittelpunkt des Seminars steht die dramatische Jugendarbeitslosigkeit in Europa bzw. Süd-Europa. In diversen Workshops wird dazu in Athen gearbeitet. Neben einem Workshop zum interkulturellen Lernen, stehen Gespräche mit Vertretern der Medien und der Universität an. Zu sämtlichen Inhalten werden Artikel verfasst, die u.a. über die EuropeanYouthVoice verbreitet werden sollen. Im Anschluss wird eine Dokumentation des Seminars erscheinen.“ Mit diesen Worten führt Norbert Tillmann, für die deutsche Organisation aktuelles forum in die Intentionen des Seminars ein. Das aktuelle forum ist in Griechenland durch zahlreiche Handwerksprojekte, durchgeführt von Jugendlichen in der Ausbildung anerkannt (diese Zeitung berichtete mehrfach).eg02 Monika Berg, FES Athen

Für die Friedrich-Ebert-Stiftung führt Monika Berg als wissenschaftliche Mitarbeiterin und mit der Leitung des Seminars betraut, weiter aus:

„Sicherlich wird in diesem Seminar einerseits die aktuelle Situation in Griechenland schwerpunktmäßig zur Sprache kommen, andererseits wird auch der aktuelle EU-Gipfel in Berlin zur Jugendarbeitslosigkeit vermutlich ein Thema werden. Auf die Einschätzungen der jungen Leute zu den aktuellen Problemlagen und Zukunftsaussichten dürfen wir alle gespannt sein

Ziel des Seminars ist es, den Dialog zwischen jungen Europäerinnen und Europäern über die Zukunft der EU voranzutreiben. Im Mittelpunkt steht dabei das Thema der Jugendarbeitslosigkeit, die europaweit mittlerweile beunruhigende Ausmaße angenommen hat. In Griechenland liegt die Arbeitslosenquote bei den 18 bis 24-jährigen bei rund 60% und damit europaweit an der Spitze. Die Diskussionen um Lösungsansätze setzen bisher entweder auf der europäischen oder auf der jeweils nationalen Ebene an; die konkreten Perspektiven und Wünsche der jungen Menschen, die vor dem Dilemma Auswanderung oder Arbeitslosigkeit stehen, bleiben in der Regel ausgeblendet.eg03 Norbert Tillmann, aktuelles forum

Die Jugendlichen sollen sich während des Seminars in Athen über die Situation in Griechenland informieren und natürlich auch über ihre Erfahrungen im jeweils eigenen Land berichten. Aber es geht nicht nur um eine Problemdarstellung und -analyse, sondern es sollen auch Lösungsansätze entwickelt und Forderungen formuliert werden. Dabei wird der Blick sicher über das Thema der Jugendarbeitslosigkeit hinausgehen. Fragen nach der Zukunft des politischen und gesellschaftlichen Engagements der jungen Menschen in Europa und den Werten, die uns in Europa verbinden oder auch trennen, stehen ebenfalls zur Diskussion.”

 

Rede von Sylvia Löser

Demokratie muss gelernt werden, immer wieder, tagtäglich, ein Leben lang.“
Oskar Negt

Wir hören jeden Tag von Menschen, die sich schamlos am Volksvermögen vergreifen. Und wir hören täglich Menschen, die faschistisches, mindestens aber rassistisches Gedankengut grölen.

Diese Leute sich sicherlich keine Demokraten, sie höhlen Demokratie aus bis zur Unkenntlichkeit.

Wir hörten eben aber auch von einem Mann, der aus kleinen Verhältnissen zum deutschen Staatspräsidenten aufstieg. Dieser Mann, Friedrich Ebert, wusste, von was er sprach, als er postulierte: „Demokratie braucht Demokraten“.

Wir möchten in Kenntnis alter Seilschaften und moderner Autokraten hinzufügen: „Demokratie braucht junge Demokraten“.

Wie sieht es damit in Portugal, Spanien, Italien und Griechenland, kurz im Süden Europas, aus?

Eine junge Abiturientin formulierte im letzten Jahr auf einer Konferenz von DGV und FES in Paramythia: „Mehr als die Hälfte aller griechischen Jugendlichen ist ohne Arbeit, damit ohne Geld. Die Arbeitslosigkeit ist eine Blockade ihrer Träume und ihrer Leben. Wie sollen sie eine Familie gründen, Kinder haben, Steuern und Rentenbeiträge zahlen und auf einen ruhigen Lebensabend hoffen? Wie sollen sie einen Staat am Leben erhalten, der auf fremde Hilfe angewiesen ist?“
Bertolt Brecht sagte es deftiger: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“. Fressen steht für Lebensumstände, Moral für Demokratie.

Wir freuen uns sehr, heute hier auf dem Europäischen Seminar der Friedrich-Ebert-Stiftung und des uns gut bekannten aktuellen forum sein zu können, wenn internationale, junge Menschen über Perspektiven für Jugendliche in Europa nachdenken und diskutieren.

Hier wie überall, etwa in Brasilien, Ägypten und der Türkei zeichnet sich eine aus der Not geborene Aufbruchstimmung ab. Chance für Jugend und Demokratie. Friedrich Ebert würde sich freuen.

Der französische Philosoph Rochefoucauld sagte einmal::

An seinen Vorfahren kann man nichts ändern,
aber man kann bestimmen, was aus den Nachkommen wird.

Sylvia Löser
Walter Bachsteffel
11.07.2013

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