Handwerk wirbt bundesweit um Nachwuchs – auch bei ausländischen Jugendlichen.

von Jannis Vassiliou*

Seit drei Jahren wird am dritten Samstag im September der „Tag des Handwerks“ gefeiert. In allen Teilen Deutschlands organisieren die Handwerkskammern Veranstaltungen und informieren die Bevölkerung, insbesondere die Jugendlichen, über die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten, die Chancen, die Vitalität, die Vielfalt, das Ideenreichtum und die Zukunft des Handwerks. Kleine und mittlere Unternehmen, zu einem großen Teil auch Handwerksbetriebe, sind die Leistungsträger in unserer Gesellschaft. Doch in der Öffentlichkeit stehen vielfach nur große Konzerne im Mittelpunkt des Interesses.vassiliou

Im September entscheiden viele Schulabgänger über ihre berufliche Zukunft. Aus diesem Grund stehen auch die Jugendlichen im Mittelpunkt der Werbekampagnen der Handwerkskammer. Der diesjährige Slogan der Imagekampagne lautet „Die Welt war noch nie so unfertig. Pack mit an“. Damit wollen die Handwerkskammern junge Menschen erreichen und sie für eine Ausbildung im Handwerk gewinnen. Dabei braucht die Branche alle Talente, den motivierten Hauptschüler ebenso wie den Realschüler und immer mehr auch die Abiturienten, die als Führungskräftenachwuchs sehr gute Berufschancen in diesem Bereich haben.

Meine bisherigen Erfahrungen mit griechischen Jugendlichen in Deutschland haben gezeigt, dass die Bedeutung des Handwerks und der Ausbildung dort bei vielen Familien unklar ist. Das ist auch einer der wichtigsten Gründe, warum die meisten griechischen Familien ihre Kinder darauf vorbereiten und oft sogar drängen, ein Studium aufzunehmen. Über den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beitrag des Handwerks für die Zukunft der Kinder und die Prosperität des Landes machen sich sehr wenige Gedanken.

Erfreulich in diesem Zusammenhang ist, dass die Handwerkskammern in den letzten Jahren das Potenzial der Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte für sich entdeckt haben und diese gezielt sowie erfolgreich direkt ansprechen. Damit wird den Jugendlichen mit ausländischer Herkunft eine hervorragende und einmalige Chance des beruflichen Aufstiegs über eine Lehre geboten. Die Berufsausbildung im dualen System und die Meisterprüfung sind eine attraktive Alternative zum Studium. Außerdem werden in den nächsten 10 bis 20 Jahren Tausende von Betriebsinhabern einen Nachfolger benötigen. Und weil das Handwerk auch Führungskräfte braucht, bietet es denjenigen, die beruflich besonders schnell vorankommen wollen, das „triale Studium“ an. Dieser innovative Bildungsgang kombiniert die Ausbildung in einem Handwerksberuf mit der Weiterbildung zum Handwerksmeister und mit dem Bachelor-Studium „Handwerksmanagement“.

Handwerk bedeutet aber nicht nur Bäcker, Schneider oder Tischler zu werden. Mit ihren Imagekampagnen will die Branche zudem vermitteln, wie vielfältig sie heutzutage ist. Der Bereich setzt in vielerlei Hinsicht auf Hightech, welche Präzisionsarbeit erfordert.
Feinwerkmechaniker fertigen beispielsweise Teile für Satellitenanlagen im All oder Orthopädietechniker Nervensensoren gesteuerte Prothesen, die auch bei den Paralympics zum Einsatz kamen. Deutsche Optiker- oder Hörgeräteakustiker setzen internationale Standards. Wie heißt es so schön auf einem der aktuellen Werbeplakate: „Die kurze Geschichte des Handwerks: Rad erfunden, Pyramiden gebaut, Mars erkundet, Abfluss repariert.“
Mit dem Abschluss als Handwerksmeister besteht die Möglichkeit sich selbständig zu machen, einen Betrieb zu übernehmen und sich unternehmerisch zu entfalten. Das ist mit einem Studienabschluss nicht immer so eindeutig.

*Jannis Vassiliou ist Juwelier in Bonn, Bildungsbotschafter der IHK Bonn/Rhein-Sieg, ehrenamtlicher Handelsrichter am Landgericht Bonn und Vizepräsident der DHW

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