Drei Generationen aus Griechenland erzählen
Von Kirsten Niesler.
Hohenlimburg. Drei Generationen Griechen in Deutschland. Ihre Erfahrungen sind unterschiedlich, besonders die erste Generation musste sich die Fremde erst zur Heimat wandeln.
Zeitzeugen der ersten Generation sind Christel und Nikolaos Toparlakis. Der Grieche stammt aus Drama Doxato, seine Eltern waren Tabakbauern. Mit 21 Jahren hörte er beim Militär, dass die Firma Krupp in Deutschland viele Arbeitskräfte suche. Mit 24 Jahren zahlte er einem Vermittler 200 DM und reiste mit 42 anderen jungen Griechen nach Deutschland aus. Illegal.
Nikolaos erhielt eine Stelle als Hilfsarbeiter. „Der Märkische Kreis hat es uns sehr schwer gemacht, als sie herausfanden, dass wir illegal eingewandert waren“, erinnert sich der 75-Jährige und denkt dabei gern an seinen Arbeitgeber Krupp zurück: „Die Firma wollte uns nicht verlieren und hat die Strafe für uns alle bezahlt.“ Nikolaos hatte sich schnell mit der deutschen Sprache vertraut gemacht, so wurde er immer öfter bei Krupp, später auch von der Sparkasse und anderen Institutionen als deutschgriechischer Dolmetscher eingesetzt.
Drei Jahre später lernte er die 22 Jahre alte Christel auf der Geburtstagsfeier einer Pastorentochter kennen. Christel war damals für die evangelische Gemeinde in Hohenlimburg als Familienpflegerin tätig. „Es war wie ein Blitz. Ich wusste sofort, dass sie meine Frau wird“, erzählt der Senior heute. Doch die Liebesleute hatten es nicht einfach damals. Zu ungewöhnlich war noch eine Beziehung zu einem Ausländer.
Aber sie haben es durchgestanden. Ihren Arbeitsplatz verlor die mutige junge Frau jedoch, als sie 1963 griechisch-orthodox heiraten wollte. So etwas ging damals für den Arbeitgeber Kirche gar nicht. Die junge Frau fand dann bei der Sparkasse eine neue Arbeitsstelle.
Schon seit früher Jugend hatte Nikolaos vom eigenen Restaurant geträumt. Und schließlich eröffnete das junge Ehepaar am 6. Dezember 1974 ihr „Mykonos“. Das aus dem Jahre 1913 stammende Gebäude war heruntergekommen, die neuen Pächter mussten erst einmal 300.000 DM investieren. „Wir haben Tag und Nacht gearbeitet und das Geld schon nach vier Jahren an die Sparkasse zurückgezahlt“, ist Nikolaos noch heute stolz. 1979 hat das Ehepaar das Haus dann erworben.
Als Nikolaos und Christel vor etwa vier Jahren nach neuen Pächtern Ausschau hielten, – die beiden eigenen Söhne – hatten andere Berufe gewählt – fanden sie in dem Ehepaar Evanthia Sakelavia und Kiriakos Iliadis Nachfolger, wie sie sich keine besseren hätten wünschen können. Evi war mit sechs Jahren aus Griechenland nach Deutschland gekommen. Zwei Jahre später hatten sich ihre Eltern in Hannover mit einem Restaurant selbstständig gemacht. Später eröffneten sie eines in Lüdenscheid, wo sich Evi und Kiriakos kennen lernten. „Wir sind zweisprachig aufgewachsen und fühlen uns in Deutschland völlig heimisch“, sagt Evanthia.
Das Gleiche sagen auch ihre Söhne, Niko (15) und Christos (11). Fremd in Deutschland zu sein, war für sie nie ein Thema. Ihre Heimat ist selbstverständlich Deutschland, denn hier leben die Freunde. Ihre Wurzeln werden die beiden dennoch nicht verlieren. Seit dem sechsten Lebensjahr besuchen sie zusätzlich an zwei Nachmittagen in der Woche die griechische Schule, um hier die griechische Sprache zu vertiefen, Kultur und Geschichte ihres Herkunftslandes kennenzulernen.
Wie ihre Eltern und die Senioren Toparlakis achten die beiden Jungen beides, die griechischen Wurzeln und die deutsche Heimat: ein gesundes Miteinander, wie es jedem Menschen zu wünschen ist, der fern von seinem Herkunftsland lebt.
Veröffentlichung mit der freundlichen Genehmigung der WESTFALENPOSTGmbH u. Co.